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Eine leichte Sommerbrise streifte die grünen Wiesen von Crystal Tokio. Princess Lady Serenity, bald schon neue Königin dieses Reiches, stand auf einem Balkon des Silberpalastes, der sich geschützt im Kern des Kristallpalastes befand und blickte gedankenverloren zu der nahezu riesig wirkenden Stadt hinunter, welche sie ab morgen regieren sollte.
Chibi-Usa, oder auch Small Lady, wie sie von ihren Eltern sowie den Sailor Senshi früher liebevoll genannt wurde, und deren Spitznamen mit der Zeit immer mehr ihrem offiziellem Titel "Princess Lady Serenity" gewichen waren, fragte sich selbst heute noch, genau einen Tag vor ihrer Krönung, ob sie überhaupt dazu fähig war, ein ganzes Reich zu führen. Noch dazu das Reich, das seit der Thronbesteigung ihrer Mutter den neuen Mittelpunkt der Welt darstellte.
Ihr allein war es immerhin gelungen, die Erde aus ihrem kalten Schlaf zu wecken, nachdem sie urplötzlich von einer Eisdecke umhüllt wurde und alles Leben eingefroren war. Jahrelang hatte sie mit der Macht des heiligen Silberkristalls die Geschicke der Welt gelenkt und über ihr Volk gewacht. Sie war eine gerechte, sowie weise Königin gewesen, welche von ihren Untertanen geliebt und verehrt wurde. Schon als kleines Kind wollte die Prinzessin genauso werden wie ihre Mama: Eine schöne und elegante Dame, jedoch auch starke Persönlichkeit. Ja, ihre Mutter hatte wahrlich hohe Standarte gesetzt......
"Prinzessin?" Serenity wandte sich überrascht um und blickte zu einer grauhaarigen Katze hinunter, die sich leicht vor ihr verneigte. "Ah, Diana", stieß sie freudig hervor. "Du weißt doch, dass die Vorbereitungen zu der Zeromonie bald beginnen, oder?", fragte die Katze vorsichtig. Sie musterte ihre Prinzessin neugierig. "Willst du nicht wissen, wie es vorangeht?" Serenity drehte sich wieder mit einem leichtem Lächeln, das etwas müde wirkte, herum. "Nein, wozu denn? Ich bin sicher, es wird morgen alles absolut perfekt sein..." Diana kam näher und rieb ihren Kopf tröstend an den Beinen der hochgewachsenen Frau. "Du denkst schon wieder über die Zukunft nach, oder?" Serenity antwortete nicht, lies dafür aber ein schweres Seufzen vernehmen. "Ich habe dir doch schon einmal gesagt, du wirst bestimmt eine tolle Königin sein. Mindestens genauso toll wie deine Mutter. Schließlich bist du doch die Tochter von Neo Queen Serenity und King Endymion..." "Nein, ich fürchte, ich werde nie so sein können wie meine Mutter. Ich kann ja bisher noch nicht einmal die völlige Macht des Silberkristalls kontrollieren." Diana nahm entschlossen vor Serenity Platz. "Nun hör aber auf, Chibi-Usa!" Der Klang ihres alten Spitznamens lies Serenity fast unmerklich etwas zusammenzucken. Es war sehr lange her, dass jemand sie mit diesem Namen ansprach. Sie konnte sich nur seltsam düster daran erinnern, dass ihr Vater sie, kurz bevor er ging, noch einmal "Small Lady" nannte. Alles schien so unglaublich schnell geschehen zu sein. Sicher, es war ihr immer klar gewesen, dass ihre Eltern nicht ewig für sie da sein könnten, aber die letzten Jahren waren förmlich wie im Flug vergangen. Die Königin und der König hatten beide, genauso wie ihre treuen Freundinnen, die Sailor Senshi, durch die Macht des Silberkristalls ein langes, sehr langes Leben geführt.. Länger als das der meisten Menschen. Trotzdem wünschte sich Serenity im Augenblick nichts mehr, als dass ihre Eltern wieder bei ihr sein könnten. Sie fühlte sich einfach nicht schon reif genug für so eine große Aufgabe. Seit dem Ende der Herrschaft ihrer Eltern war schließlich erst ein Monat vergangen. Alles wirkte so unwirklich. Fast so, als wären beide noch da und könnten jeden Moment um eine Ecke des Palastes gebogen kommen. Selbst die Sailor Senshi, welche für sie immer wie Schwestern gewesen waren, konnten der Prinzessin nicht mehr zur Seite stehen. Serenity schüttelte unwirsch mit dem Kopf. Sie durfte solche Gedanken nicht zulassen. Es brachte einfach nichts, in der Vergangenheit zu leben, oder sich vorzustellen, was wäre wenn....
"Sag mal, Chibi-Usa, hörst du mir überhaupt zu?", hörte sie plötzlich Diana fragen. Serenity beugte sich lächelnd zu der Freundin hinunter. "Nein, tut mir Leid, ich war völlig in meinen eigenen Gedanken. Was hast du denn gesagt?" Die Katze rollte vielsagend mit den Augen. "Typisch für dich... Ich denke, dass du die Macht des Silberkristalls sicher bald nutzen kannst. Deine Kräfte sind eben noch nicht vollständig erwacht. Du weißt doch, was Neo Queen Serenity zu dir gesagt hat, manchmal braucht es eben etwas Zeit..." "Aber da du die Zukunft von Crystal Tokio bist, wirst du die vollen Kräfte des Kristalls eines Tages bestimmt nutzen können.", vollendete Serenity den Satz. "Ja, das hat sie damals zu mir gesagt...."
Serenity schloß ihre Augen und erkannte das Bild der Königin vor sich, die ihr mit einem freundlichen Lächeln gegenüberstand, den Silberkristall in der einen Hand, die andere auf Lady Serenitys Kopf, welche nun selbst wieder ein junges Mädchen war. "Du stellst dir das alles etwas zu einfach vor, Small Lady..." "Aber Mama", widersprach Chibi-Usa "Du warst erst vierzehn, als du die Macht des Silberkristalls vollständig nutzen konntest. Nur ich kann es immer noch nicht richtig..." Neo Queen Serenity strich ihr über die Wange. "Du stellst zu hohe Anforderungen an dich selbst. Lass dir doch einfach etwas mehr Zeit." Der Kristall in ihrer Hand begann plötzlich schwach aufzuleuchten. Serenity lies ihn los und er schwebte, immer noch leicht glänzend, vor den zweien in der Luft. "Außerdem", fuhr sie fort "entfaltet der Silberkristall sowieso erst seine vollständige Kraft, wenn ein Mitglied aus unserer Familie bereit ist, im Kampf das eigene Leben zu opfern. Ich hoffe, dass du niemals mehr dazu gezwungen bist. Du kannst dich doch sicher noch an damals erinnern, als wir mit den beiden Silberkristallen, dem der Vergangenheit und der Zukunft, gegen das Phantom des Todes gekämpft haben?" Chibi-Usa nickte und überlegte laut: "Damals konnte ich seine Macht vollständig spüren...." Serenity lächelte warm. "Na siehst du, die Kraft steckt eindeutig in dir." Sie zwinkerte Chibi-Usa verschwörerisch zu "Schließlich bist du doch meine Tochter."
Dianas Stimme holte sie wieder in die Wirklichkeit: "Eben. Es ist dein Schicksal, Prinzessin." Serenity brachte ein einfaches "Hmmmm" hervor, dann stand sie vom Boden auf und blickte erneut zu der großen Stadt hinab. Diana sprang auf die Brüstung des Balkons und beobachtete ihre Herrin einen Augenblick stumm, bevor sie entgegnete: "Ich weiß, du vermisst deine Eltern sehr, nicht wahr?" Serenity schaute die Katze nun direkt an. "Ja", gestand sie leise. "Ich vermisse sie sehr..." "Weißt du Chibi-Usa, ich kann gut nachvollziehen, wie du dich fühlst. Ich vermisse meine Eltern bestimmt genauso sehr wie du deine." Dianas Blick schweifte ab und schien irgendeinen undefinierbaren Punkt vor ihnen in der Ferne zu fixieren. "Aber trotz allem bist du niemals wirklich allein. Die Menschen, die wir lieben verlassen uns selbst dann nicht, wenn sie sterben." Diana machte eine kurze Pause, bevor sie fortfuhr: "Außerdem sind doch noch Ceres, Vesta, Juno, Pallas und ich da. Ich werde dich beschützen, bis zu dem Tag, an dem unsere Pflichten enden. Genauso wie meine Mutter es für deine gemacht hat. Wir sind schließlich beste Freunde." Serenity wusste einen Moment nicht, was sie sagen sollte, dann strich sie der grauen Katze gerührt über das weiche Fell. "Vielen Dank, Diana", sagte sie nur und vergrub ihr Gesicht kurz in der Flanke der Gefährtin. Diana wartete, bis Serenity sich wieder etwas beruhigt hatte, dann entgegnete sie sanft: "Möchtest du mit mir reinkommen? Wir könnten drinnen deinen Rat gut gebrauchen." Princess Lady Serenity nickte und warf noch einen schnellen Blick zu der hell scheinenden Sonne, die bald über Crystal Tokio untergehen würde. Sie lächelte sanft. Crystal Tokio: Das Reich, über das sie ab morgen regieren würde.